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Evgenij Eroshev

überbrachte das Grußwort für Michail Gar
St. Tichon-Universität, Moskau
ru.-orth.

Grußwort zur Eröffnung der ökumenischen Märtyrer-Ausstellung
von Michail Gar, dem Mitarbeiter der Orthodoxen St. Tikhon Universität, Abteilung für die neueste Geschichte der Russischen Kirche


ich heiße Evgenij Eroshev und bin Dozent an der St. Tikhon Universität, ich sollte hier nur als Dolmetscher tätig sein, aber Michail, der Autor des Grußwortes und des Vortrags, konnte leider nicht da sein, weil die Deutsche Botschaft ihm das Visum verweigert hat. Deshalb bin ich hier an seiner Stelle und lese sein Grußwort vor:

Liebe Geistliche, Forscher und alle, die sich versammelt haben! Ich begrüße Sie von ganzem Herzen!

Als Absolvent und Mitarbeiter stelle ich heute die Orthodoxe St. Tikhon-Universität vor, die Abteilung für die neueste Geschichte der Russischen Kirche.

Unsere Universität und Abteilung sind in diesem Jahr 30 Jahre alt. Als wir 1992 begannen, schien es vielen ein wahres Wunder zu sein. Und dann begann eine groß angelegte Untersuchung der Lebensumstände und der Leistung der Neumärtyrer. Unsere Abteilung wurde zu einer führenden wissenschaftlichen Abteilung auf diesem Gebiet, und die in diese Abteilung kamen, waren bereit, Tag und Nacht unermüdlich zu arbeiten und sie wurden bald zu hervorragenden Historikern der Kirche. Erzpriester Vladimir Vorobiev, Priester Alexander Mazyrin, Lydia Golovkova, Olga Chailova, Natalia Krivosheeva, Olga Kosik, Irina Kovaleva, Inna Menkova (Erzpriester Владимир Воробьев, Priester Александр Мазырин, Лидия Головкова, Ольга Хайлова, Наталья Кривошеева, Ольга Косик, Ирина Ковалева, Инна Менькова) — das sind Autoren grundlegender Arbeiten zu unserer Geschichte. Sie haben die Untergrundarbeit fortgesetzt, die die ersten Kirchenhistoriker Kostevitsh und Gybonin angefangen hatten. Diese ersten Historiker hatten noch keine Veränderungen zum Guten erlebt und schrieben ihre Werke mit einem Risiko für ihr Leben und ihre Freiheit.

Nach den ersten Jahren der neuen aktiven Forschung schlug Erzpriester Vladimir Vorobjov vor, den 2000. Geburtstag Christi (das Jahr 2000) in besonderer Weise zu feiern — nicht 10, 50 oder sogar 100, sondern die ganze Schar von Bischöfen, Priestern und allen Menschen der Kirche, die für Christus gelitten hatten, heiligzusprechen. Zu dieser Zeit wurde klar, dass ihre Leistung, dass ihr Martyrium im Wesentlichen das gleiche ist wie das der alten Märtyrer. Es hat dieselben wesentlichen Merkmale: Gewalt durch Verfolger, Leiden für den Glauben, innere Bereitschaft zu solchen Leiden und zum Tod für Christus. Außerdem, Märtyrer in den ersten Jahrhunderten wurden oft offen hingerichtet, sogar in die Zirkusarena gebracht und man gab sie den Tieren bei einer Vielzahl von Zuschauern zum Fressen und ihr Leiden machte man zu einem öffentlichen Zeugnis von Christus und dem Sieg über den Tod. Bei den neuen Märtyrern war es aber nicht so. Sie wurden jetzt im 20. Jahrhundert oft unauffällig getötet: im Keller, im Lager oder auf einem Schießgelände, und selbst den Ort ihrer Ruhe kennt in vielen Fällen niemand. So war es besonders schwierig, diese große Tat des Martyriums bis zum Ende zu verfolgen. Niemand außer dem Herrn selbst hätte jemals davon erfahren können. Darüber hinaus verfolgte die Zivilmacht gläubige Menschen auf eine ganz raffinierte Weise. Sie beschuldigte Christen und erschoss sie wegen angeblich politischer Verbrechen, die sie begangen hätten: Agitation gegen die Macht, Widerstand gegen die Revolution usw. Dabei verlangten sie meistens von niemandem eine formelle Lossagung vom Glauben. Um Verfolgungen zu vermeiden, musste man jedoch unbedingt den Weg eines bekennenden Zeugnisses verlassen: Der Bischof oder der Priester sollte aufhören Gottesdienste feiern oder mit der Staatsmacht zusammenarbeiten, die Laien sollten mit ihrem kirchlichen Leben aufhören. Nicht nur das, auch normale Menschen durften sich nicht einfach nur still verhalten, sondern sie mussten sich zumindest in kleinen Dingen solidarisch mit den Verfolgern verhalten.

Dennoch waren sehr viele bereit, für den Glauben einzustehen, sogar bis zum Blut, und das waren nicht nur Geistliche. Das markanteste Beispiel ist die Märtyrerin Tatiana Grimblit. Sie wurde mit 33 erschossen, aber mit 18 schrieb sie ihr berühmtestes Gedicht: "Am Kreuz". Darin liegt die Bereitschaft, unter den Menschen absolut einsam zu bleiben, aber mit Christus bis ans Ende zu sein und Seine Wunden nicht nur mit Tränen, sondern auch mit Blut zu waschen. Jetzt gibt es ein Buch über sie, es wurden Gedichte veröffentlicht, es fand eine gesamtkirchliche Heiligsprechung statt, und wir (und nicht nur wir) nannten unsere kleine Tochter mit diesem Namen (Tatjana, zu Ehren der Märtyrerin), aber damals, 1937, hat sie niemand auf dem Butovo-Gelände auf dem letzten Weg auf der Erde, in ihren Tod begleitet. Doch sowohl Tatiana Grimblith als auch viele andere Christen - von Bischöfen bis hin zu Kindern - haben sich entschlossen, bis zum Ende mit Christus zusammen zu sein. Bis zum Jahr 2000 wurde die Heiligsprechung von 1.300 Neumärtyrern und Bekennern vorbereitet. In den folgenden Jahren wurde ihr Kreis um weitere 500 Personen erweitert. Nur diejenigen, deren Zeugnis die Forscher dokumentiert haben, sind in diesen Kreis eingetreten. Aber das Fest der neuen Heiligen umfasst alle - sowohl die bekannten als auch die veborgenen. Den letzteren sind im Gottesdienst spezielle Texte gewidmet.

Für diese Ausstellung haben wir aus der ganzen Schar der Neumärtyrer 10 Personen ausgewählt. Hier sind natürlich der Patriarch Tichon, Bischöfe und Priester, aber auch "einfache" Christen Tatjana Grimblit und Stefan Naliwajko, und sogar die selige Matrona Anemnjasevskaja.

Die Materialien der Ausstellung spiegeln ihr Leben und ihr Zeugnis wider. Aber dahinter steckt etwas Größeres. Archimandrit Johannes (Krestjajnik), der 1994 selbst in einem Arbeitslager gewesen war, machte in einer der ersten Predigten am Neumärtyrertag auf einen Auszug aus der Offenbarung von Johannes dem Theologen aufmerksam:

„Und als es das fünfte Siegel auftat, sah ich unten am Altar die Seelen derer, die umgebracht worden waren um des Wortes Gottes und um ihres Zeugnisses willen. Und sie schrien mit großer Stimme: Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächst nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen? Und ihnen wurde gegeben einem jeden ein weißes Gewand, und ihnen wurde gesagt, dass sie ruhen müssten noch eine kleine Zeit, bis vollzählig dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch noch getötet werden sollten wie sie.“ (Off. 6, 9-11).

Im 20. Jahrhundert haben die Neumärtyrer und Bekenner die Zahl derer, die in früheren Jahrhunderten diesen hellen Weg gegangen sind, "ergänzt", so Pater Johannes. Ohne sie konnte die Fülle der Kirche in der ganzen Welt nicht erreicht werden, in der Gott "alles in allem" erfüllt (1 Kor. 15:28). Das ist die ewige Bedeutung ihrer Heldentat. Den neuen Generationen von Christen eröffnet sich durch sie nicht nur der Weg, sondern auch die Möglichkeit des Lebens in Christus an sich, das zur Auferstehung der Toten und zum Leben des zukünftigen Äons führt. Und die Grundidee der Ausstellung bestand wohl darin, dass sich diese "brennendste, heißeste Verbindung" mit den neuen Bekennern in unseren Köpfen und Herzen bildet - bis hin zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde.